Dokumentation
Musiklabor Herbst 2006
inszeniert von der Echtzeithalle e.V.
in der Reaktorhalle und dem Carl Orff Auditorium
München, Luisenstr. 37a
Do 28. / Fr 29. / Sa 30. September 2006
Motiv auf der Postkarte
Partitur zu „Spin-Networks”, Jutta Köhler und Jörg Schäffer
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Dokumentation in der Zeitfolge des Programms:
Donnerstag 28. Sept. 2006
20 Uhr Carl Orff Auditorium
BRASILIANISCHE ZEITGENÖSSISCHE MUSIK
Tucu Tucu Tatum / Philipe Davis
Obra / Vânia Dantas Leite,
Visuelle Konzeption / Valeria Costa Pinto
Cage /Fernando Iazzetta
Cenas Sugestivas / Carlos Kater
Contrastes / Marisa Rezende
Steve lá / Rodolfo Caesar
Visuelle Konzeption / Larrissa Pschetz
A Dois / Tim Rescala
Rumores I / Paulo Chagas
Ensemble:
Percussao 2em1 -
Sergio Naidin und Paraguassu Abrahão
Mitglieder am Theater Municipal do Rio de Janeiro
Sergio Naidin und Paraguassu Abrahão, Carl Orff Auditorium München
Percussion, Stimmen und Projektion
Paraguassu Abrahão und Sergio Naidin : Rumores I / Paulo Chagas
Paraguassu Abrahão in Rumores I / Paulo Chagas
Johannes Deffner (Technik),
Paraguassu Abrahão und Sergio Naidin (Percussion),
Dieter Trüstedt, Organisation
Video-Clip: Bernhard Thurz
Paraguassú Abrahão und Sergio Naidin kennen sich seit ihrer Studienzeit an der Universität; beide sind Musiker des Symphonieorchesters an der städtischen Oper Teatro Municipal von Rio de Janeiro und Postgraduenten im Ausland. Gemeinsam entschieden sie sich im August 2003, in ein kammermusikalisches Projekt zu investieren und gründeten das Duo „Percussão 2em1“, das seine Premiere im Juli des darauf folgenden Jahres hatte. Die zwei Percussionisten präsentieren ein nationales und internationales Repertoire, das sowohl Originalkompositionen für Percussionsduo enthält, als auch Transkriptionen und spezielle Arrangements. Der Ablauf des Konzerts des Duos „Percussão 2em1“ enthält unterschiedliche musikalische Tendenzen und eröffnet dem Publikum ein Panorama der aktuellen Konzertmusik für zeitgenössische Percussion.
21.30 Uhr Carl Orff Auditorium
ENSIFERA
Computer-Audifikat, Klavier und Tanz
Dieter Trüstedt, Pure-Data-Lautklavier
Hans Wolf, Klavier
Sonja Hafenmayer, Bewegung
Grillen bellen wie Hunde.
Zikaden sind Meister der Granularsynthese.
Das Klavier ist wohl temperiert.
Die Grillen hören mit den Knien.
Sonja Hafenmayer in ENSIFERA
Video-Clips: Bernhard Thurz
Pure-Data-Progamm für ENSIFERA
Laptop-Oberfläche für das Live-Spiel im Konzert
Presets für 3 Sätze: Grille - Zikade - Natur
Stopuhr bzw. Recorder für 4-kanaligen Mitschnitt - inclusive Klavier
Die 3 "Zikaden" - Sample-Spieler - sind jeweils 24-stimmig.
Die metro-Unterprogramme für automatisches Anschlagen der Tasten.
Neben den Automaten werden die Tasten gespielt - dreimanualig.
Verschiedenen Tonskalen - auch gebrochene Midiwerte, u.a. Fünfteltöne.
40 Ensifera-Samples, natürlich und bearbeitet.
Gehaltene Töne = Laptop-Taste liegen lassen.
Laut-Leise = kurz oder lang anschlagen.
Dieter Trüstedt in Ensifera - Computermusik live
Das Klavier -
angeschlagen von Hans Wolf - ist wohlgestimmt -
auch der Klavier-Innenraum wird gespielt
Hans Wolf in Ensifera, Carl Orff Auditorium München
Foto: Jörg Schäffer
22.30 Uhr Carl Orff Auditorium
PROMENADE
Video-Installation
Roger Kausch, Konzept und Video
Dieter Trüstedt, Pure-Data-Musikautomat
Mozart liebte auch die Mathematik und
die neuen Mechaniken und Automaten seiner Zeit.
Promenade
Auf den Steinen spiegeln sich Schatten, Erinnerungen. Tänze, Feste. Wie kalt die Symmetrie ist, ihre strickte Verdopplung ist durchschaubar wie ein Trick. Das Schreiten, ein Fuß vor den anderen, nochmals ein Fuß, immer wieder einen Fuß vor den anderen. Immer gleich aber doch nicht derselbe, Schritt für Schritt, vor und dabei zugleich zurück, ein Tanz in die Erinnerung zurück. Das Paar ist die Spiegelung des Ich, seine Verdopplung und sein Widerspruch. Die Weite der Symmetrie schafft einen Raum zum Fürchten. Schatten, Erinnerungen.
Aufnahmen / Video:
Roger Kausch
Freitag 29. Sept. 2006
20 Uhr Reaktorhalle
ELEMENTAR ZEICHNUNGEN
Andreas Kloker, Konzept und Tafelbilder
Isolde Werner, Stimme
Dieter Trüstedt, Computermusik
Im Zusammenwirken der Elemente Wasser, Wärme, Luft und Erde
entstehen Bilder, die in neue Bilder verklingen - hin zu einer Stille.
Die Chin-Musik - hier als Computermusik - und die Stimme begleiten
diese Prozesse, brechen die Zeit, formen sie neu, schneiden in die Stille.
die graue Tafel
Zeichen Werkzeug
Zeichnungen aus Wasserstaub
Wasserlinien
wärmendes Licht trocknet das Bild
Kreiszeichen 1
Kreiszeichen 2
das bild verschwindet
Fotos: Peter Dietz
Video-Clips: Bernhard Thurz
Assoziationen:
Der Spannungsbogen aus einem Amalgam von Zeit, Handeln, Zuschauen, Anwesendsein, Vergänglichkeit, Zuhören, Beginnen, Dabeisein, Zeitverlauf, Tätigsein spannt sich - Echtzeit stellt sich ein. Das Zeitfenster öffnet sich in die Gegenwart .
Was ereignet sich in dieser Echtzeit?
Kloker steht vor einer allen zutiefst aus der Schulzeit vertrauten Tafel und widmet das um, was der Tafeldienst zu tun hatte, mit einem nassen Schwamm die Tafelfläche für Neues zu präparieren. Das Neue sind hier Spuren von Gesten, die sofort sichtbar und nachvollziehbar sind, oder mit einem Rubato aus dem Grund auftauchen und wieder verschwinden.
"Der Geste des Herstellens selbst freien Raum schaffen." könnte als Überschrift stehen,
ein Zitat von Vilém Flusser aus seiner Vorlesungssammlung "Gesten. Versuch einer Phänomenologie" Betrachtungen menschlicher Tätigkeiten von der Geste des Schreibens über die Geste des Machens, des Liebens und Zerstörens bis zur Geste des Musikörens oder des Pfeiferauchens, die die Aufmerksamkeit weg von den Dingen, Gegenständen und Endprodukten auf die Bedingungen und Zusammenhänge von Tätigkeiten richten. (Gisela Nauck)
Kloker lädt ein sich auf die Geste des Herstellens, im puren Augenblick, einzulassen und den Wahrnehmungsprozess als zu gestaltenden Sinn zu erkennen. Die Wasserspuren sind verdunstet - das tradierte Endprodukt ist abgeschafft.
Ulrike Trüstedt, 9. November 2006
Musik zu "Elementar Zeichnungen":
Isolde Werner, Stimme / Artikulation
Chin-Klänge im Pure Data für die Computermusik in "Elementar Zeichnungen"
Aus diesen ca. 100 Klängen des modernen Chin-Instrumentes wurden für jedes der 5 Sätze der Musik 3 Klänge ausgewählt.
Die Klänge wurden zur Aufnahme mit dem Atem, der Fingerkuppe, dem Plektrum, dem Glastab, dem Federstab und dem Bogen gespielt.
Der "Östliche Kirchenchor" z.B. entstand aus dem Klang zweier Saiten, die mit einem Federstab pendeln angeschlagen wurden.
Titel der 5 Sätze:
1.
Viertelton-Flageolett-Chin & Wind & Impuls-Stimme
2.
Teilton-Schichtung & Federstab-Hintergrund und offene Stimme
3.
Fünftelton-Dschongs & Strichelklänge & Raue Stimme
4.
Östliche Kirchenchöre mit Stundenbrett
Viertelton-Skala / 24/23 Schlagverhältnis gekoppelt
5.
FarbigeViertelton-Bogenstriche & Orphée-Motorräder & Offene, freie, affirmative Stimme
Viertelton-Skala / 24/23 Schlagverhältnis gekoppelt
Die Stimme, Isolde Werner,
wurde direkt eingespielt - ohne elektronische Veränderung:
Die Computermusik, Dieter Trüstedt,
wurde live-gespielt - unmittelbar auf dem Laptop. Die Tastatur war hier das Keyboard. Jedes der 5 Sätze bestand aus 3 Klängen, die in den angegeben Tonskalen aufgerufen wurden. Neben dem unmittelbaren Spiel einzelner Klänge steuerten Metronome bis zu 8 Tonwerte der Klänge - im Zeitraum zwischen 1 und 12 Sekunden. Diese Tonwerte wurden entsprechend der Situation in diesen Zeitraum eingespielt, wieder genommen und neu eingespielt etc. Die Tonlagen der Klänge variierten zwischen + 12 und - 72 Halbtönen, d.h. plus einer bis zu minus 6 Oktaven.
Isolde Werner und Dieter Trüstedt, Besprechung in "Elementar Zeichnungen"
Reaktorhalle München, 29. Sept. 2006
Handy-Foto: Bernhard Thurz
21.30 Uhr Carl Orff Auditorium
SPIN-NETWORKS
Quantenphysik und Klaviermusik
Jutta Köhler, Konzept und Bild
Jörg Schäffer, Musik
Grafisch-musikalische Komposition für Piano und PowerPoint
aus 9 mal 9 Miniaturen - Mini-Ereignisse in unterschiedlichen
Raum-Zeit-Dimensionen aus der Mathematik, Quantenchromodynamik,
der Chemie und der Natur.
„spin networks“ ist eine Komposition von Jutta Köhler und Jörg
Schäffer für die Materialausgabe 2006 der echtzeithalle ev
münchen. Verschiedene Netzwerkstrukturen aus jeweils 9x9x9
Einheiten werden zusammengesetzt, einmal graphisch, einmal
musikalisch, und erst bei der Aufführung zusammengefügt. Die
künstlerischen Netzwerke sind der Idee der spin networks aus der
aktuellen Quantengravitation/Quantenchromodynamik
nachempfunden und haben jeweils eine zeitliche Entwicklung, die
den Weg eines Ereignisses in der Raumzeit darstellen.
Siehe:http://www.wave-art.de/pdf/herbst2006jk.pdf
22.00 Uhr Reaktorhalle
STEINSCHLAG
Akustische Performance
Maria Rucker, Steine
Randolf Pirkmayer, Saiten
Eine interaktive Klangfusion von Stein und Stahl:
Marmor, gesprengt, gespitzt, gestockt, gesiebt, Stahlsaiten,
gezupft, gestrichelt, geklopft, gekratzt, Leinwand -live-Projektion,
Eisengong und Eieruhr
Set
Aktion
Szene
Produkt
Bei einem Studentenaustausch in Griechenland an der Athener Kunstakademie stellte ich eines morgens mit Bestürzung fest, daß die Putzfrauen in der Steinwerkstatt den gesamten Steinabfall, den ich am Vortag von meinem Marmorblock heruntergearbeitet hatte, weggefegt hatten. Nun fehlte etwas, ein Teil des Steins war verschwunden, wenn zwar auch nur der "falsche". Das allgemeine Verständnis von Skulptur besagt ja, daß das "Richtige" bereits im Stein drinsteckt und man nur das "Falsche" wegmeißelt. Das unerwartete Verschwinden des Staubs und der wunderbaren, verschiedenen großen Steinstückchen jedoch regte mich an, über "richtig" und "falsch" nachzudenken und den Prozess des Steinarbeitens und Abfallproduzierens zum Thema einer Arbeit zu machen… M.R.
Fotos: Dieter Trüstedt
Samstag 30. Sept. 2006
20 Uhr Reaktorhalle
FILMMUSIK
Hommage an Hans Rudolf Zeller
Musikperformance
Jörg Schäffer
Musikperformance mit transparenten Medien.
Flügel
Aktion
Produkt Fotos: Dieter Trüstedt
Die Arbeit "Filmmusik" wurde angeregt durch die "Tesa-Klänge" Hans
Rudolf Zellers sowie seine Ausführungen über Mikrotöne. Nach diversen
Recherchen stieß ich auf ein sehr geeignetes Klebefilmprodukt mit dem
sich der mögliche Klangraum von "Tesa-Film" besonders plastisch
explorieren lässt. Zentrales Sinnbild für Tonalität in der
duodezimalen Oktavunterteilung der abendländischen Musik ist der
Flügel. Auf ihn komme ich immer wieder zurück um mich unter Geräusch
von ihm zu distanzieren. Zentrales Operationsfeld im weiteren Verlauf
sind Tastatur und Sitzbank: Verhaftungsorte des Pianisten während des
musikalischen Vollzugs.
Die Geräuschkulisse sind Tesaklänge, Stiftklänge und Töne aus einer
speziellen mediotonalen Sinuston-Tonleiter.
Jörg Schäffer, Oktober 2006
21.30 Uhr Carl Orff Auditorium
LAUTSPIRALE
Overhead, Tonband und Stimme
Hans Rudolf Zeller
Die Lautspirale soll durch die skripturale Fixierung des "Spiralalphabets"
ebenso entstehen wie die daran beteiligten vokalen Prozesse. Beides
gehört zu den Grundelementen der Schrift-Laut-Musik, auch Skripto-Phonie.
Lautspirale, Hans Rudolf Zeller
Texte in der Lautspirale
Partitur/Notizen zur Lautspirale
Folien-Sammlung nach der Aufführung
22.30 Uhr Reaktorhalle
TITEL
Klangereignis
Randolf Pirkmayer
Versuch einer Antwort auf synthetische Ereignisse aus dem Unterbewußten
oder:
t i t e l
töne und geräusche aus dem unterbewusstsein
saiten analog
synthesizer digital
performance, 21 min
während ich auf der lauer liege entdecke ich langsamkeit, finde gleichzeitig das gegenteil von der auslösenden angst und getriebenheit, zwingt mich sozusagen der anlass zum nachdenken über ihn, obwohl auf der lauer liegend langsamkeit entdeckend, oder gerade deswegen die sache veranlasst die ursache zu überdenken und gleichzeitig sich selbst zu verwerfen - ich stelle mir vor, die langsamkeit stehe für sich da, da sie ja für sich keinerlei angst oder unruhe veranlassen könne, weil immer genug zeit zum überdenken vorhanden und somit die zeitlosigkeit selbst zur unruhe und aus angst vor unruhe zur angst, zu sich selbst also, führe.
aus der langsamkeit entsteht nicht zeitlosigkeit
randolf pirkmayer
jäger und sammler
badgastein, wien, münchen, fuchstal
Titel, Medienwagen
Titel / Rauschen / Randolf Pirkmayer
Fotos: Dieter Trüstedt
Besprechung nach den Aufführungen im Musiklabor Herbst 2006
vor dem Carl Orff Auditorium - Musiklabor München - Luisenstr. 37a.
Vorne li und re: Dieter Trüstedt und Jörg Schäffer - Hauptverantwortliche der Herbstaktion
Foto: Margarete Löwensprung
Gefördert von: Kulturreferat der Landeshauptstadt München, |
Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst | |
Brasilianisches Kulturministerium | Brasilianisch-Deutsche Kulturkooperation 2006 | Förderverein Echtzeithalle |
Veranstalter:
Echtzeithalle e.V. München
in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater München