247. Montagsgespräch
Tanz auf der Münze
Bewegungen zwischen Klavier und Computer
Hans Wolf und Dieter Trüstedt
Es war finanziell unmöglich in der Materialausgabe 2007 einen Flügel in den Erweiterungsneubau der Kunstakademie zu stellen. Also spielten in ihrer Arbeit "Opferstöcke" Hans Wolf auf einem Yamaha-Keyboard und Dieter Trüstedt auf dem Laptop. In dieser Aufführung waren also beide Musikinstrumente in der Klangqualität gleich gestellt: beide nutzten Klangaufnahmen von Original-Instrumenten bzw. natürlichen Objekten. Entscheidend für den Klang sind eigentlich nur noch gute Mikrofone und gute Lautsprecher. Weiterhin spielt beim gehörten Klang der Raum eine wesentliche Rolle - dem Raum unterliegen in der Aufführung beide Instrumente.
Beide Spieler suchten auf ihren Instrumenten an mehreren Stellen in ihrer Musik Verwechslungen: das Klavier spielt z.B. im fünften Satz mit der Bezeichnung "Tanz auf der Münze" die Klangbewegungsmuster des Cent-Stücks und Pure Data setzt den Klang des Münz-Aufschlags (Ein-Cent-Stück > Marmor > Kirchenraum) so weit in die Tiefe, dass Klänge wie von Klaviersaiten entstehen. Das Metallische ist beiden Klängen eigen.
Im zweiten Satz kommt der Klangqualität in der Computermusik das hohe Alter der Opferstöcke entgegen (St. Peter, Worms, gebaut im 12. Jh.). Das spezielle Holz und die Resonanz des historischen Domes bestimmen den trockenen und doch mächtigen Klang.
Im vierten Satz wetteifern beide Instrumente mit Klang, Melodik und Rhythmik von Jessicas Stimme. Das Klavier greift die Melodie auf und Pure Data - die Computermusik - greift die Rhythmik auf. Dazu kommt noch das verbindende Element des 16/23-Rhythmus-Patterns, das uns Isolde Werner zur Verfügung gestellt hat. Hier gibt es keine Unterschiede für Klavier und Computer.
Das Montagsgespräch beginnt mit einer Aufführung der Arbeit "Opferstöcke" mit denselben Instrumenten wie in der Materialausgabe 2007 (siehe: www.echtzeithalle.de). Die anschließende Diskussion geht auch auf die Differenz zwischen Interpretation und Imitation bzw. zwischen Partitur und Konzept ein: Wie weit ist dieses Musikstück für andere Spieler geeignet?
Hans Wolf, geb. 1958, Klavierstudium, Musikhochschule Freiburg bei Edith
Picht-Axenfeld (1976-1981) und Aufbaustudium an der Musikhochschule München
(1990-1995): Musiktheorie (Kühn, Enjott Schneider), zeitgenössische
Musik (v. Bose, Dibelius, Gruber), Liedbegleitung (Mauser). Teilweise parallel
dazu Durchführung eines Medizinstudiums (1977-1985), mit längeren
Studienaufenthalten in den USA. Die Arbeitsschwerpunkte sind: Traditionelles
Klavierspiel, Improvisation und Komposition, Musiktheater und Filmmusik.
www.hanswolf.de
Dieter Trüstedt, geb. 1939 in Berlin, Studium der
Physik an der TU München und Promotion bei Maier-Leibnitz (Atomphysik).
Seit 1969 Entwicklung elektronischer und akustischer Musik und Bau der Musikinstrumente.
Lichtkunstprojekte. Performances u.a. mit Ulrike Trüstedt, Angela Dauber,
Ulrike Döpfer, Jessica Billeter, Hans Wolf, Isolde Werner. Musik zu Interrogations
- Yoshi Oida - mit Aufführungen weltweit. Lehraufträge an der HdK
Berlin, der Universität Ulm und der Musikhochschule München. Experimentelle
Musik und Kunst Universität Ulm, Echtzeithalle und Musiklabor München.
www.luise37.de
Montag 30. April 2007 20 Uhr
Eintritt frei oder Spende
Seminarraum TU-Mensa 2. Stock, Arcisstr. 17, Eingang Gabelsbergerstraße
U-Bahn U2 Königsplatz
Musiklabor
Veranstalter: Echtzeithalle e.V. in Zusammenarbeit mit
der
Hochschule für Musik und Theater München
Tel. 089 / 289 27 477 oder
/ 272 1856
www.echtzeithalle.de