45. Montagsgespräch im Musiklabor München
Christine Söffing
Synästhesie und Kunst
Merken Sie sich Telefonnummern als Melodie oder als Tastenkombination? Sehen Sie einzelne Buchstaben in Farben? Schmeckt Whiskey rot oder grün? Hören Sie Töne/Klänge als farbige Formen?
Das Phänomen, Gerüche nicht nur zu riechen, sondern auch sehen oder hören oder fühlen zu können oder aber Farben zu hören oder Töne zu sehen, kennzeichnet eine Verknüpfung der Sinne und nennt sich in der Fachsprache Synästhesie. Dabei ist das Farbenhören selbst der verbreitetste Fall der Synästhesie oder der Doppelempfindungen. Es wurde 1690 mit einer Äußerung des Philosophen Locke bekannt, der einen Blinden erwähnte, welcher den Klang einer Trompete „rot“ hörte, was eine Welle von Diskussionen auslöste.
Es gab verschiedene Ansätze rechnerisch die Farben und Töne in Übereinstimmung zu bringen (Newton 1643-1727, Helmholtz 1821-1894, Aeppli 1936). Im 19.Jh., der Romantik, wurde es in der Poesie fast Mode, synästhetische Vergleiche zu ziehen. Die Idee des Gesamtkunstwerkes blühte auf. So versuchte Alexander Skrjabin (1872-1915) mit seiner Symphonie „Prométhée“ ein alle Künste umfassendes Werk zu schaffen. Er entwickelte hierfür eine neue Tonordnung, den „prometheischen Akkord“, einen sechstönigen Quartenakkord.
Knapp 200 Jahre zuvor hatte der franz. Mathematiker Louis-Bertrand Castel (1688-1757) versucht, ein Farbenklavier zu entwickeln, wobei er bei seinen Farbe-Ton-Zuordnungen von Newtons Berechnungen ausging. Olivier Messiaen (1908-1992) wiederum betont seine synästhetischen Assoziationen in seinem Farbe-Ton-System. Trotz allen Bemühungen: allgemeingültige Farbe-Ton-Zuordnungen zu treffen ist erfolglos, da Synästhesien subjektiv sind.
Christine Söffing, Künstlerin, Fachbereichsleiterin Musik und Kunst an der Volkshochschule Augsburg und Synästhetikerin, arbeitet und experimentiert seit 10 Jahren an der Synästhesie und deren künstlerischer Umsetzung.
Montag, 22. Januar 2001
19:30 c.t.
Eintritt frei
München Luisenstr. 37a
(Ecke Gabelsbergerstraße)
U2 Königsplatz
Musiklabor
Veranstalter:
Echtzeithalle e.V.
in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater München
Tel. 089 / 2721856
www.echtzeithalle.de