49. Montagsgespräch im Musiklabor München
Frieder Schuller
Der experimentelle Schubert
erzählen wir vom übersehenen, nein, überhörten Franz Peter Seraph in seinen nicht geschriebenen und daher auch nicht verlorenen Tagebuchseiten auf Schloß Szelesz. Als die Vollendung wie ein übermächtiger Klavierdeckel auf ihm lag, doch er neue Anschläge, neue Anfänge auf das viel zu schnell zu Ende gehende Notenpapier warf. Als sich die Ärzte von seinem Krankenbett abwendeten. Als die Verleger die Handschriften zurückschickten. Als später der Freund Eduard Bauernfeld berichtete:
Als ich Schubert zum letzten Mal besuchte – es war am 17.November – lag er hart darnieder, klagte über Schwäche, Hitze im Kopf, doch war er noch den Nachmittag vollkommen bei sich, ohne Anzeichen des Delirierens, obwohl mich die gedrückte Stimmung des Freundes mit schlimmen Ahnungen erfüllte . . . schon des Abends phantasierte der Kranke heftig, kam nicht mehr zum Bewußtsein . . . Noch die Woche vorher hatte er mir mit allem Eifer von der Oper gesprochen und mit welcher Pracht er sie orchestrieren wolle. Auch völlig neue Harmonien und Rhythmen gingen ihm im Kopfe herum, versicherte er – mit diesen ist er eingeschlummert.
Machen wir eine wohlbehaltene Reise zu Franz Schubert. Seine große, verschneite, liegt unüberhörbar vor uns.
Frieder Schuller, Schriftsteller und Filmemacher, stammt aus Siebenbürgen/Rumänien. Seine Besuche in Schuberts Musik und in seinem kargen Leben wurden zur Sucht, ja sie lassen noch heute den grauen kommunistischen Alltag fast in wehmütigem Glanz erscheinen . . . Ein reicher Verwandter warnte vergebens: Hör keine Musik, sie macht untüchtig fürs Leben! Als russische Truppen sein Weingut verwüsteten, hörte er nicht Schubert, er erstach sich.
Montag, 19. Februar 2001 19:30 c.t.
Eintritt frei
München Luisenstr. 37a
(Ecke Gabelsbergerstraße)
U2 Königsplatz
Musiklabor
Veranstalter:
Echtzeithalle e.V.
in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater München