183. Montagsgespräch im Musiklabor München
Kurt Laurenz Theinert
Sehen ohne Wiedererkennen
Richard Spaeth
Was hat Hören mit Identität zu tun?
Kurt Laurenz Theinert arbeitet mit visuellen Ereignissen, die auf nichts verweisen und keine Bedeutung tragen. Er entwickelte diese künstlerische Haltung mit dem Medium Fotografie, das er immer weiter auf seine mediumstypischen Eigenschaften reduziert. Dieser Drang zur Reduktion führte ihn zum Medium Licht, das durch die Immaterialität und Flüchtigkeit eine weitere Reduzierung und Entmaterialisierung möglich macht. Er setzt das Licht nicht erhellend ein, sondern als Mittel, im Raum Ereignisse zu schaffen, die miteinander in Beziehung stehen und einen eigenen Wahrnehmungsraum bilden. So entstehen bewegte Zustände, die den gebauten Raum diffundieren. Mit dem eigens entwickelten Bildinstrument "visual ... piano" kann er diese künstlerische Idee auch live in Echtzeit umsetzen. Dabei sucht er die Zusammenarbeit mit Klangkünstlern und Musikern, weil der Klang in seiner Immaterialität und Flüchtigkeit dem Licht nahe steht.
Richard Spaeths Kompositionen sind exakt, sie formulieren funktionale Beziehungen zwischen Tönen. Töne beziehen sich zunächst dadurch funktional aufeinander, dass sie gestimmt werden können. Im Vorgang des Stimmens wird die Relation ihrer Schwingungsfrequenzen durch Hören bestimmt. Die Töne werden dabei durch eine Funktion von Zeit miteinander verknüpft. 'Funktion' bedeutet, dass nichts durch sich selbst gegeben ist, sondern alles nur in dem, was es in Bezug auf anderes ist. Ein Ganzes, das durchgängig in dieser Weise bestimmt ist, wird "Struktur" genannt. Aus der Funktion von Zeit ergibt sich als Struktur die Stimmigkeit der Tonverhältnisse. Der Ursprung von Stimmigkeit ist das Springen des Tones. Der Oktavton erweist sich als derselbe Ton wie der Ausgangston - auf einer anderen Ebene. Indem der Ausgangston springt wird er zum Ursprungston. Im Sprung eröffnet sich ein Raum, der "harmonische Raum". In ihn fallen alle potenziellen funktionalen Tonbeziehungen. Die Fülle dieses Raumes ist "Harmonie". Der harmonische Raum ist nicht objektiv gegeben, er wird im Hören strukturiert. Strukturierung von Raum durch Lebensvorgänge heißt "Wohnen". Harmonisches Hören ist Bewohnen von Klang.
Richard Spaeth (*1958) und Kurt Laurenz Theinert (* 1963) arbeiten seit vier Jahren zusammen an Klang-Licht-Räumen in Ausstellungen, Galerien und öffentlichen Installationen.
Montag, 14. März 2005 - 20:00 Uhr
Eintritt frei
Carl Orff Auditorium
München, Luisenstr. 37a
U-Bahn U2 Königsplatz
Musiklabor
Veranstalter:
Echtzeithalle e.V.
in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und
Theater München
Tel. 089 / 289 27 477 oder 089 / 2721856
www.echtzeithalle.de