189. Montagsgespräch im Musiklabor München
Ein Gespräch zwischen Musik und Tanz
Aspekte des unmittelbaren Zusammenspiels von Musik, Tanz und Bild
Dieter Trüstedt und Ursula Ritter
Wir gehen von folgendem Set aus:
Die Musik ist live gespielt und rein elektronisch (Pure-Data-Computermusik),
der Tanz ist leibhaftig und unmittelbar und das Bild - als
computergenerierte Projektion - fungiert als zeitliche Klammer. Es sind
Materialien, die wegen ihrer gegenseitigen Fremdheit ihren Reiz aber auch
ihre Schwierigkeiten zueinander haben. In diesem Montagsgespräch werden
Musik und Tanz improvisativ in der Form eines künstlerischen Diskurses
eingesetzt. Es ist eine Probensituation im Entwicklungsprozesses eines
Stückes, mit folgenden Fragen:
1. Der Impulsgeber
Was ändert sich in der Performance, wenn der Tanz gegenüber der Musik
die Impulse setzt?
Es kann durchaus sein, dass der Tanz das Primat hat, d.h. die Form, den
Inhalt, die Zeitmarken vorgibt und die Musik antwortet. Der Tanz wird
hierbei von Interpretationshaltungen befreit und die Musik bekommt die
Aufgabe der Antwort.
2. Die Energie-Balance auf der Bühne
Welche Energien fließen vom Tanz zur Musik und von der Musik zum
Tanz?
Wie funktioniert der Energieausgleich auf der Bühne, das Aufnehmen und
Weitergeben der Energien?
3. Die Aufgabenstellung eines Botschafters
Kann der Tanz Musik verkörpern? Kann der Tanz Botschafter der Musik
sein?
Die live gespielte rein elektronische Musik hat das künstlerische
Problem, dass ihre Erzeugung nicht mit den Augen wahrgenommen werden kann.
Die Künstler dieses Genres verwenden daher zusätzlich Installationen,
Projektionen, von der Musik gesteuerte Lichtwechsel, Videos oder
Computergrafiken. Wir fragen also den Tanz, ob er der (rein
elektronischen) Musik in der Vermittlung "helfen" kann.
4. Die Informationsmenge pro Zeiteinheit
Wie ist es mit der Beweglichkeit, der Langsamkeit, dem Schnellen, dem
Statischen, dem ruhig Fließenden, dem Überschäumenden, dem
Minimalen?
In unseren gemeinsamen Arbeiten war das durchaus ein Thema. Wir setzen den
vielgestaltigen Tanz gegen die extreme Langsamkeit, gegen den skulpturalen
Tanz. Diese Frage geht an die Musik, an den Tanz und an das Bild. Wie ist
die Haltung des Wahrnehmenden bei sehr viel bis sehr wenig mitgeteiltem
künstlerischen Inhalten, Formen, Gesten?
5. Das Spiel und das Nicht-Spiel
Wir hatten den Begriff "musica negativa" diskutiert. Gibt es
eine Bedeutung des Nicht-Tanzes?
Das Wechseln zwischen den Haltungen "Tanz" und
"Nicht-Tanz" ist ein besonderes Gestaltungsmittel, d.h. den Tanz
als Tanz anhalten. In der Musik wird diese Gratwanderung seit Cage
thematisiert.
Fragen aus dem Publikum werden wir versuchen zu diskutieren - direkt mit Tanz und Musik und natürlich mit Worten.
Dieter Trüstedt, Künstler und Physiker, geb. 1939, Studium Physik und Promotion, seit 1973 freiberuflich als Künstler, Klang- und Lichtforschung, Musik-, Tanz- und Lichtkunst-Performances u.a. mit Ulrike Trüstedt, Angela Dauber, Ulrike Döpfer, Jessica Billeter und Ursula Ritter. Seit 1986 Zusammenarbeit mit Yoshi Oida (Interrogations, Komatshi, Hanjo und Molly Sweeney), Aufführungen mit Yoshio Oida weltweit bis heute. Lehraufträge an der HdK Berlin, Universität Ulm und der Hochschule für Musik und Theater München.
Ursula Galatea Ritter, Tänzerin, Choreographin, geb. 1960, Studium Tanz 1984 - 92 ( BA) in Düsseldorf, Berlin, Amsterdam, New York, Solo- und Gruppenproduktionen im In- und Ausland, Lehraufträge an Hochschulen für Tanz, lebte 92 -99 in Israel, seit 2002 in Ulm, unterrichtet in New Dance und Performance, verschiedene Engangements als Tänzerin und eigene Performance- Projekte.
Montag, 6. Juni 2005 - 20:00 Uhr
Eintritt frei
Carl Orff Auditorium
München, Luisenstr. 37a
U-Bahn U2 Königsplatz
Musiklabor
Veranstalter:
Echtzeithalle e.V.
in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und
Theater München
Tel. 089 / 289 27 477 oder 089 / 2721856
www.echtzeithalle.de