192. Montagsgespräch im Musiklabor München
Circuit Bending & Bend Art
Richard Aicher
"Open a Gameboy, tinker with its electronic guts, plug the re-engineered result into a Speak & Spell, duct tape it all together, sprinkle liberally with glitter, hook it up to an amplifier and let the good times roll."
Siehe: http://www.richard-aicher.de/html/bentinstruments.html
"Circuit Bending nennt sich eine Bewegung im Bereich elektronischer Klangkunst, die auf Reed Ghazala zurückgeht, der diese Technik 1996 erstmals in einem in der Zeitschrift EMI erschienen Feature vorstellte.. Man könnte diese Methode auch mit "chaotischem Verändern" elektronischer Schaltkreise von vornehmlich Elektronik-Spielzeugen und Mini-Keyboards bezeichnen.
Ziel ist hierbei, die enthaltenen elektronischen Regelkreise in labile und instabile Zustände zu versetzen, in denen sie dann, beraubt ihrer vom Entwickler implementierten Stabilität, übergehend zu labilen und instabilen Zuständen, zu neuen "Instrumenten" werden und ursprünglich nicht vorhergesehene bzw. nicht vorhersehbare Geräusche und Klangmuster von sich geben, die vorzüglich als individuelles Klangmaterial einsetzbar sind. (Siehe Materialausgabe 2005 - Klanginstallation und 8-Kanal-Performance "stabil-labil-instabil".)
Die Kunst des Benders besteht darin, in möglichst chaotischer Vorgehensweise Kurzschlüsse auf den Platinen zu produzieren, Bauteile zu entfernen sowie zusätzliche neue einzubauen und das alles nach der Methode von Zufall und Irrtum. Elektronisches Grundwissen ist als eine von Wissen und Denken bestimmte Methode verpönt. Das heisst: Jeder kann Circuit Bender sein!
Im Laufe der Zeit fand ich im Circuit Bending mehr und mehr Parallelen zu den Techniken und Ideen, die ich zur Erstellung meiner Arbeiten im Bereich Digital Art und Digital Sound entwickelte und nutze. Dabei setze ich als klangliches bzw. bildnerisches Ausgangsmaterial oft im Web oder im täglichem Leben vorgefundene Bild-, Text- und Klangfragmente ein, die dann, nach Durchlaufen verschiedenster "Bending-Prozesse", bis zur Unkenntlichkeit verfremdet, neues Ausgangsmaterial ergeben. Diese Vorgehensweise nenne ich seither "BEND ART".
Richard Aicher, Materialausgabe 2005, Reaktorhalle München
Foto: Dieter Trüstedt
In diesem Montagsgespräch stelle ich die geschichtliche Entwicklung des Circuit Bendings vor, erläutere was man als "Bender" alles benötigt und gehe auf die wichtigsten "Chaos-Bending-Techniken" ein. An einigen meiner Bent Instruments hören wir schliesslich wie Bending klingt und werden versuchen, ein Gerät live vor Ort zu Benden. Abschliessend noch Beispeile zu meiner "Bend Art" .
Richard Aicher, 22.5.2005
Vita
1965-1972 verschiedene Bandprojekte als Gitarrist
1968-1976: Studium Chemie an der LMU München, sowie Ausbildung in
klassischer Gitarre bei Alex Andryszak und Sitar bei Al Gromer Khan.
Seit 1976 bis Heute: Elektronische Musik Live und im Studio - Solo sowie
in verschiedenen Bandprojekten.
Seit 1978 bis Heute: Konzerte und Studioproduktionen zusammen mit Andreas
Merz in der Elektronik Musik Formation "Weltklang".
1980-1983: Selbstbau mehrerer Analog Synthesizer Systeme und des ersten
Computers (Sinclair ZX81) sowie Entwicklung und Vertrieb der weltweit
ersten "Speichererweiterung" für Synthesizer.
1983-1993 Freiberuflicher Journalist und Autor von über 300 Beiträgen
für alle wichtigen Musik- und Computerzeitschriften in den Bereichen
Musiksoftware, Synthesizer- & MIDI-Technik sowie Workshops und
Seminare für u.a. Tonmeisterschule, SAE (School of Audio Engineeres), VHS
und Firmen wie Atari Computer, Akai Professional, Roland Elektronische
Musikinstrumente.
1985-1989 Autor der Bücher "Da steckt Musik drin (Wilhelm Heyne
Verlag)" und der "MIDI-Bibel" des deutschsprachigen Raums
"Das MIDI-Praxisbuch" (Signum Medien Verlag)" und
Herausgeber der Computerbuchreihe des Signum Medien Verlags
1980-Heute: Veröffentlichung von insgesamt sechs Solo-CDs und sieben CDs
mit "Weltklang Electronic Music", sowie Mitwirkung an
verschiedenen anderen CD-Projekten
Seit 1993 Arbeiten als freiberuflicher Grafik- / Web- &
Foto-Designer
Seit 1998 "Moving Electronics Projekt" mit Weltklang Electronic
Music sowie diverse Klanginstallationen (u.a. Materialausgabe)
Seit 2002: Kompositionen für das eigene computergesteuerte
16+24-Kanal-Audio-Wiedergabesystem sowie bewegliche Audiosysteme.
Seit 2004 im Circuit Bending Fieber!
Links: www.richard-aicher.de
Montag, 27. Juni 2005 - 20:00 Uhr
Eintritt frei
Carl Orff Auditorium
München, Luisenstr. 37a
U-Bahn U2 Königsplatz
Musiklabor
Veranstalter:
Echtzeithalle e.V.
in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und
Theater München
Tel. 089 / 289 27 477 oder 089 / 2721856
www.echtzeithalle.de