95. Montagsgespräch im Musiklabor München
Ulrike Döpfer
Die Kunst anzufangen - Fragen zu Grotowski
Jerzy Grotowski gilt als einer der großen Erneuerer des Theaters des 20. Jahrhunderts. Die Aufführungen und paratheatralischen Projekte seines polnischen Theater Laboratoriums und sein 1968 erschienenes Werk "Für ein armes Theater" haben eine ganze Generation von Theatermachern in Ost und West beeinflußt.
Grotowski ist einmalig. Warum? Weil meines Wissens kein anderer in der Welt seit Stanislawski das Wesen der Schauspielkunst, ihre Phänomene, ihre Bedeutung, die Natur und die Wissenschaft ihrer geistigen, körperlichen und emotionalen Prozesse so tiefgreifend ergründet hat wie Grotowski. (Peter Brook)
Eine Hauptfrage Grotowskis bezieht sich auf den schöpferischen Prozeß, auf die ursprüngliche Handlung, auf die Kunst anzufangen (to be in the beginnings). Er zeigt verschiedene Wege, entscheidet sich in seiner Arbeit letztlich für einen:
Vom Moment der Geburt an werden wir in allem gezähmt: wie man sieht, wie man hört, wie man ißt, wie man trinkt, was möglich und was unmöglich ist... und so ist die eine Möglichkeit, wenn wir nach einem ursprünglichen Zustand suchen, das Gezähmte zu entzähmen. Das ist eine schwierige Arbeit. Entzähmen verlangt größere Anstrengung und Selbstdisziplin als Zähmen.
Im Montagsgespräch werden die Ansätze Grotowskis, die den Prozeß des Entstehens betreffen, vorgestellt und sicherlich heftig diskutiert.
Ulrike Döpfer nahm zwischen 1975 und 1981 an verschiedenen Projekten Grotowskis in Polen und Italien teil.
Montag, 6. Mai 2002 - 20:00 Uhr München Luisenstr. 37a | Veranstalter: Echtzeithalle e.V. in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater München |